Adventskalender 2015: Die Geschichte

Der GW2Community-Adventskalender

Geschrieben von @Taron

Tag 1

Der Winter hielt Einzug in Tyria. Schneebedeckte Landschaften in Kryta, Ascalon und bis an die Grenzen des Maguuma-Dschungels waren an der Tagesordnung. Und somit war auch die Zeit für Arekk gekommen, seiner Aufgabe als Asurawichtel nachzukommen.

Tag 2

Die erste Station seiner langen Reise war Rata Sum. Die größte … nein, nein, DIE Stadt der Asura. Er durchschritt das Portal in der Provinz Metrica, wo es schon merklich kühler geworden war und die Asura hier und da künstliche Eisflächen erschaffen hatten. Doch auf der anderen Seite des Portals verschlug es ihm die Sprache und er kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Tag 3

Die Straßen hier oben waren weiß. Es war das strahlendste Weiß, das Arekk je gesehen hatte. Auf der obersten Ebene lieferten sich viele Asura, Sylvari und so mancher Charr Schlittschuhrennen und Schneeballschlachten.

Ein großer Wintertags-Baum schwebte über dem Portal zur Kammer des Arkanen Rats. In ihm hingen viele kleine Golems, die mit Schneekanonen Schneeflocken in alle Himmelsrichtungen verschossen. Der Himmel war klar und die Sonne schien, als ob es noch Sommer wäre. Arekk nahm seinen Geschenkesack am obersten Zipfel, zog ihn hinter sich her und machte sich auf in das Innere von Rata Sum.

Tag 4

Arekk begab sich auf die unteren Ebenen von Rata Sum und ging direkt auf einen Charr in schwarzer Rüstung zu, der in einer Ecke stand. Vor dem Charr baute sich nun ein kleiner Asura auf, der einen geflickten, übergroßen und mit Sachen vollgestopften Sack vor ihm aufrichtete. Der Charr schob quietschend das Visier seines Helms hoch und schaute den Asura grimmig an.

„Was willst du, du kleiner Wicht?

Es stimmte schon, Arekk war im Vergleich zu anderen Asura kleiner, obwohl er schon das junge Erwachsenenalter erreicht hatte. Arekk lächelte nur und sprang auf den Sack und kramte darin herum. Der Charr schaute verwundert drein und wusste nicht, was er tun sollte. Doch bevor er eine Antwort finden konnte, sprang der Asura mit einem großen Satz vor seine Pfoten. Er hielt ein quadratisches, reichlich verziertes Geschenk in Händen.

Arekk sagte mit freundlicher Stimme: „Nimm und erfreue dich am Wintertag in Tyria.

„Pff! Pah!“, machte der Charr, riss das Geschenk an sich und kickte es im hohen Bogen durch die Halle der Buchhaltung von Rata Sum. „Wintertag ist was für Schwächlinge, du Winzling!

„Aber, aber … aber Wintertag!“, stammelte Arekk und schaute den Charr traurig von unten herauf an. Mit verdrießlicher Miene und hängenden Ohren nahm Arekk den Sack und zog weiter seines Wegs.

Tag 5

Arekk hatte sich gerade von dem Charr abgewendet, da brach ein Tumult los. Als er sich umdrehte, sah er eine Charr-Dame, die mit einem Nudelholz auf den Charr in schwarzer Rüstung eindrosch.

Dabei rief sie aufgebracht: „Du nimmst jetzt sofort dieses Geschenk an! Oder du musst dir jemand anderes suchen, der dir deinen Krempel hinterher trägt!
Unter diesen lautstarken Worten und dem Scheppern von Holz auf Eisen, rannte der Charr eilig zu dem Geschenk, das er weggekickt hatte. Unter Androhung von weiteren Schlägen öffnete er murrend das Geschenk.

Tag 6

Aus dem Geschenk, das der Charr widerwillig in seinen Pranken hielt, kam ein rosa Rucksack in Form eines Quaggans zum Vorschein. Die Charr-Dame grinste breit und schnallte den Rucksack unter großem Protest dem Charr über. Einige Asura verfolgten dieses Schauspiel gespannt und lachten und bemitleideten ihn zugleich. Es war ein Bild für die sechs Götter: ein Charr in einer schwarzen, furchterregenden Rüstung mit einem rosa Quaggan-Rucksack und eine Charr-Dame, die mit einem Nudelholz bewaffnet hinter ihm herlief, immer bereit zuzuschlagen. Das seltsame Paar verließ die Halle der Buchhaltung in Richtung des Portals nach Löwenstein.

Zufrieden und dem Charr gegenüber Mitleid empfindend nahm Arekk seinen Geschenkesack und zog weiter, um den Menschen, den Sylvari, den Norn und den Charr Geschenke zu bringen. Er wollte sie daran erinnern, dass das Fest der Liebe für alle da ist, und den Zusammenhalt unter den Völkern stärken.

Tag 7

Die Kälte hielt nun noch stärker Einzug in allen Region Tyrias und selbst im Maguuma-Dschungel war es nicht mehr so drückend warm wie sonst. Es war schon Abend geworden und Arekk machte sich auf den Weg in den Caledon-Wald, um dort sein Werk über Nacht weiter zu verrichten. Am nächsten Morgen waren die Bewohner der Region mehr als nur erstaunt. Vor ihren Türen und den Eingängen der Siedlungen lagen plötzlich Berge von Geschenken, verpackt in den herrlichsten Farben und mit den kunstvollsten Schleifen, die man sich nur vorstellen kann. Keiner von ihnen wusste auch nur ansatzweise, woher die Geschenke kamen, und womit sie diese verdient haben.

Tag 8

Die gesamte Nacht über bis zu den ersten Sonnenstrahlen ging Arekk von Wachposten zu Wachposten, von Siedlung zu Siedlung, um dort Geschenke für die Bewohner zu hinterlassen. Er hatte schon beinahe die Hälfte aller Geschenke aus seinem Sack vor die vielen Haustüren gelegt und kam nun deutlich leichter voran.

Tag 9

Mit einem breiten Grinsen marschierte Arekk durch den Hain und hinterließ auf seinem Weg viele glückliche Bewohner, die sich über die Geschenke von ihm freuten. Er kam dem Portal näher, das nach Löwenstein führte, als er zwei Löwengardisten sah, die dort Wache hielten. Scheinbar hatten die Asura ihre Schneekanonen direkt um das Portal positioniert und die beiden Gardisten froren und klapperten mit den Zähnen.

„Du willst damit da durch?“, fragte der eine. Arekk nickte eifrig und bemerkte ihr Leiden. „Aber …“, stockte die Wache, als er sah, wie der Asura in dem Sack verschwand und mit drei Geschenken laut raschelnd wieder zum Vorschein kam.

Tag 10

Eins der drei Geschenke, die Arekk in seinen Händen hielt, war groß und etwas klobig, die beiden anderen reichte er den Gardisten. Die beiden schauten verdutzt und nahmen die Geschenke mit fragenden Mienen an. Das Geschenkpapier war schnell geöffnet und es hatte sich schon eine zarte Schneeschicht darauf angesammelt, bevor es den Boden berührte. Aus den Geschenken kamen zwei Wollpullover und zwei Schals zum Vorschein. Die Gardisten waren noch überraschter. Arekk nickte und bedeutete ihnen, die Sachen anzuziehen. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen und im Handumdrehen standen vor dem Asura zwei rot-weiß gestreifte Löwengardisten, die sich in der Winterkleidung pudelwohl zu fühlen schienen.

Tag 11

Das letzte, große Geschenk von Arekk stand in der Mitte vor den beiden Gardisten und wartete darauf ausgepackt zu werden. Arekk klatschte in die Hände und das Geschenk befreite sich wie von selbst von seiner Hülle. Darin war eine kreisrunde Feuerschale mit vielen Verzierungen, in der ein bläuliches Feuer wie von Geisterhand entzündet wurde. Sofort wurde es den beiden Gardisten wärmer, der Schnee aber schmolz kein bisschen.

„Warum tust du das? Und woher hast du die ganzen Sachen?“, fragte der eine Gardist, der wie der andere auch aus dem Staunen nicht mehr heraus kam.
„Es ist Wintertag. Jeder soll sich an diesem Fest erfreuen dürfen”, sagte Arekk mit einem Lächeln. Ohne Umschweife nahm er den Geschenkesack und schritt durch das Portal. Die beiden Gardisten standen verdattert da, zuckten mit den Schultern und erfreuten sich an den Geschenken und der Wärme.

Tag 12

Auf der anderen Seite des Portals, das Arekk durchschritten hatte, lag Löwenstein. Aber es war nicht wiederzuerkennen! Wo man nur hinsah, waren die Festlichkeiten im Gange und ließen Großes erahnen. Die Leute hier gingen nicht nur ihren Geschäften nach, sondern genossen auch die Freude, die der Winter für alle bot. Wie schon in Rata Sum versammelten sich die Leute hier, um mit dem Schnee, für den die Asura gesorgt hatten, Schneeballschlachten zu schlagen und veranstalteten Schlittschuhrennen auf der Prachtvollen Piazza. Arekk kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn auf der Piazza befand sich ein Kunstwerk der vielen Völker: In der Mitte der Eisfläche, umgeben von all den Schlittschuhläufern, stand ein turmhoher Wintertags-Baum, der bis direkt unter die Kuppel ragte.

Tag 13

Jedes Volk aus Tyria, ob Mensch oder Tengu, hatte einen eigenen Bereich des Baumes erhalten, in dem sie ihre besten Kunstwerke und Technologien der Welt zur Schau gestellt hatten. Die Asura hatten ihre kleinen Golems in den Baum gehangen, die wie in Rata Sum immer wieder Schneeflocken auf die Menge rieseln ließen. Die Menschen hatten ihren Teil des Baumes mit den schönsten Kunstwerken aus Holz versehen. Dazu gehörte auch eine lange Tafel, auf der da stand …

Tag 14

„Die Zeit weit im Westen steht schlecht, doch müssen wir den Zusammenhalt finden, um Frieden unter uns zu wahren, der Kostbarer nicht sein könnte. Der Feind regt sich weiter im Zwielicht, doch zusammen werden ihn aus seinem Land tilgen. Das Fest der Liebe und Fröhlichkeit steht vor der Türe, lasst uns für einen Abend alle Fehden und Missstände vergessen. Für die Freiheit der Volker Tyrias!

Tag 15

„Die Menschen scheinen das Problem erkannt zu haben“, murmelte Arekk in sich hinein. In seinem Herzen keimte plötzlich etwas auf, was er noch nie zuvor gefühlt hatte. Er musste irgendwas tun. Etwas, das den Krieg für eine Weile in Vergessenheit geraten ließ, auch wenn es nur für einen Abend war.

Tag 16

Arekk stellte seinen Geschenkesack ab und umrundete den Weihnachtsbaum auf der Piazza mehrfach. Die Charr hatten ein hochkomplexes Uhrwerk auf ihrer Seite angebracht, das zu verschiedenen Uhrzeiten Spektakel mit kleinen Metallfiguren und viel Trara abspielte. Auf der Seite der Norn waren die vier großen Geister der Wildnis aus ihrer Kultur als große Eisskulpturen angebracht worden, die durch zusätzliche Spiegel und mit dem Sonnenlicht nochmals eine imposantere Wirkung hatten.

Der Bereich der Sylavari war von Leben übersät. Hier kam das Motto „Alles hat ein Recht zu wachsen“ deutlich zur Geltung. Überall flirrten Glühwürmchen und anderes funkelndes Getier umher. Leuchtende Pflanzen waren überall zwischen den Zweigen zu sehen. Dieser Teil war zweifellos der lebendigste von allen. Arekk war sprachlos und umrundetet abermals den Baum, um alles genau zu betrachten. Die Spitze des Baumes war ein Meisterwerk der Leuchtkraft. Aus dem Freiwald, der auf der Pyrit-Halbinsel in Orr liegt, hatte man eine strahlende Kugel hierher gebracht und mithilfe von Magie an der Spitze des Wintertags-Baumes befestigt.

Tag 17

Nachdem Arekk den großen Wintertags-Baum eine Weile betrachtet hatte, kehrte er zu seinem Geschenkesack zurück und sah, dass drei Menschenkinder ihn sich genauer ansahen.

„Ah, die lieben Kleinen“, sagte Arekk und lächelte.

„Was habt Ihr da drin?“ fragte das Mädchen.

„Das sind Geschenke. Man hat mir aufgetragen, dass bis zum 24. diesen Monats alle verteilt werden sollen. Ihr habt Glück, ich habe auch welche für euch drei.”, antwortete der Asura und kramte drei gleichgroße Geschenke hervor. Unter Freudenrufen der Kinder und dem Geraschel der Verpackungen kamen eine Schachtel voller Omnombeeren-Riegel und zwei rote Mützen zum Vorschein.

Das Mädchen mit der roten Mütze ging auf Arekk zu und umarmte den kleinen Asura, da raunte er ihr ins Ohr: „Möge Dwayna mit dir sein.
Die beiden Jungen hatten sich schon auf die Riegel gestürzt und schmatzten glücklich vor sich hin. Mit einem Lächeln und dem schon beinahe leeren Geschenkesack zog Arekk weiter.

Tag 18

Arekk hatte seinen Weg durch die Portale der Stadt Löwenstein fortgesetzt. Hinter ihm lag nun die vor sich hinratternde Stadt der Charr, die Schwarze Zitadelle, vor ihm die Stadt Nolan. Die Charr-Kinder dort rauften sich mit einander im Schnee, den die Asura auch hier mit ihren Erfindungen erzeugten, und schlugen sich in Schneeballschalten. Um eine Laterne hatte sich eine Traube Charr-Kinder gebildet, die laut und schadenfroh lachten. Als der kleine Asura näher kam, sah er, wie ein Charr-Junges mit der Zunge an dem Laternenpfahl festgefroren war und sich nicht mehr lösen konnte. Arekk lächelte und kramte aus seiner Jacke eine Flasche heraus.

Er drängte sich durch die Zuschauer zu dem Charr-Jungen durch, der laut fluchend versuchte, sich zu lösen – jedoch vergebens. Er schaute den Asura misstrauisch an, grummelte umständlich: „Geh weg!“ und „Laff mif in Ruhe, du Wift!“ und fuchtelte wild mit seinen Armen herum. Die anderen grölten vor Lachen. Arekk öffnete das Fläschchen und goss etwas von der Flüssigkeit über die Zuge, die am Laternenpfahl festgefroren war. Die Zunge löste sich im Handumdrehen und gab den jungen Charr frei. Dieser verlor vor Überraschung jedoch sein Gleichgewicht und stürzte kopfüber in den Schnee, was ihm noch mehr Gelächter seiner Freunde einbrachte. Auch Arekk konnte sich nun das Lachen nicht mehr verkneifen und reichte dem Charr-Jungen die Hand. Der kleine Charr nahm sie nur widerwillig an und richtete sich auf.

„Tfanke“, sagte er mit hängender Zunge und folgte seinen Kumpanen, die schon den nächsten Schabernack in Angriff nahmen. Arekk schaute ihnen hinterher und musste sich zusammenreisen, um nicht selbst hinter ihnen herzulaufen.

Tag 19

Vor Arekk ragten die zerfallenen Überreste des Walls von Ascalon auf, der vor Jahrhunderten von den Schamanen der Charr zu Fall gebracht wurde. Schnee bedeckte große Teile des Diessa-Plateaus und auch den Wall. Kein Lebenszeichen weit und breit. Dieser Ort mitten in Ascalon hatte etwas Verwunschenes und Bedrohliches zugleich. Nur das leise Rascheln des Windes und das Knistern der Schneeflocken war zu hören.

„Dieser Ort ist geprägt von Tod, Leid und Verderben.“, sprach Arekk, als wollte er mit einer Ansprache beginnen. Er stand zwischen den Trümmern des Walls und sah auf den zugefrorenen Bruchwasser-See.

„Ist es das, was ihr wollt? Unterwerfung? Den Tod der Lebenden?“, hallte es in den Trümmern wieder, aber er bekam keine Antwort. Trotzig stapfte er durch den Schnee auf den Durchgang zu, der in die Ebenen von Aschfurt führte. Das Knirschen des Schnees unter seinen Schritten hallten an den Steinen wieder und er rechnete jeden Moment damit, dass sich ein Geist von Ascalon ihm in den Weg stellen würde. Doch da war kein Geist, niemand, der sich ihm in den Weg stellte.

Tag 20

Die Ebenen von Aschfurt, ein ewiges Schlachtfeld zwischen den Lebenden und den Toten. Wie auf der anderen Seite des Walls gab es auch hier kein Anzeichen von Leben. Nur in weiter Ferne zogen ein Paar Vögel, vielleicht Raben, ihre Kreise am Himmel. Arekk machte sich auf in Richtung Osten, an den Ort, wo alles seinen Anfang gefunden hatte. Er ging an der großen, verwitterten Balthasar-Statue vorbei, die aus einer längst vergangenen Zeit stammte, als die Götter den Menschen noch ihre Gunst erwiesen. Arekk machte vor der Statue Halt und betrachtete das verfallene Abbild des Gottes, da hörte er ein Rascheln zu seiner Rechten. Mit lautem Getöse und Geschrei sprang ein Grawl von der verschneiten Anhöhe auf ihn zu. Wie vereist stand Arekk da und konnte sich nicht rühren.

Tag 21

Kaum hatte der Grawl seinen wilden Schrei ausgestoßen und war auf Arekk zugesprungen, da stürzten zwei schwergerüstete Gestalten mit erhobenen Waffen an diesem vorbei und schlugen den Feind nieder.

„Na, was haben wir denn hier?“, fragte ein Norn, der die Rüstung der Abtei Durmand trug.

„Einen kleinen Asura, der sich im Wald verirrt hat“, antwortete ihm eine Charr-Dame. „Oder etwa nicht?

„Doch, doch, da hast du recht“, stammelte Arekk und versuchte sich hinter seinem Geschenkesack zu verstecken, den er als Deckung genutzt hatte.
Der Norn lachte donnernd: „Haha! Vor uns brauchst du doch keine Angst zu haben. Wir werden dich in Sicherheit bringen, dann kannst du deine Reise fortsetzen, wohin sie dich auch führen wird.

„Komm mit uns“, sagte die Charr-Dame beschwichtigend und reichte ihm helfend die Pranke, die er dankend annahm.

Tag 22

Als Arekk, der Norn und die Charr-Dame in einem Feldlager nahe den Katakomben von Ascalon angekommen waren, brachten die beiden ihn zum Befehlshaber des Lagers, einem alten Norn mit Vollbart, dessen Gesicht mit Narben übersät war.

„Was macht ein kleiner Asura wie du hier in dieser gefährlichen Gegend?“, fragte er mit tiefer Stimme.

„Es ist Wintertag und ich soll Geschenke verteilen“, sagte Arekk kleinlaut und blickte zu Boden, in der Hoffnung, dass dort etwas sein könnte, was alles erklären würde. Doch leider war da nur eine Mischung aus Holzplanken und Dreck.

„Wintertag?“, fragte der Norn ungläubig und zog eine Augenbraue hoch. „Aber doch nicht hier, an der Front zu den ascalonischen Geistern. Was hast du denn noch in deinem Sack?“, fragte der Norn und versuchte sich den Sack zu greifen, doch der Asura war flinker und umschlang ihn mit beiden Händen. Da spürte Arekk plötzlich, dass nur noch ein einziges Geschenk im Sack war.

Der Norn rollte mit den Augen. „Also gut, Geschenke. Aber wir planen einen großen Angriff in zwei Tagen und da würdest du meinen Soldaten nur zwischen die Füße geraten. Joldor! Bring diesen kleinen Asura bis zur Schwarzen Zitadelle und beeile dich. Ich brauche hier jeden Mann.

Tag 23

Weiß, überall nur Weiß. Arekk hatte seinen Begleiter in einem Schneesturm nahe den Märtyrer-Wäldern verloren und ihn nicht wiederfinden können. Die ganze Nacht bis zum Mittag des nächsten Tages hatte er vergeblich versucht, einen Anhaltspunkt zu seinem Aufenthaltsort zu finden. Der Geschenkesack war nur noch ein langes Stück Stoff mit einem kugelrunden Geschenk an dessen Ende. Die Kälte kroch ihm in die Knochen. Die Müdigkeit ließ ihn alle Hoffnung aufgeben. Er wollte sich nur noch hinlegen und an nichts mehr denken müssen. Er wollte kein Leid mehr sehen. Krieg und Verderben mussten doch für einen Tag aus den Köpfen zu verbannen sein. Seine Kraft verließ ihn. Er sackte in sich zusammen und landete mit dem Gesicht im Schnee. Dunkelheit umgab sein Bewusstsein.

In dem Schwarz regten sich Bilder. Feuer und Flammen in einer Nacht, Schreie und Todesqualen wurden laut. Und inmitten der Bilder stand sie. Das Leben und die Winde in ihr vereint, verdrängte sie all die Bilder von Tod und Leid.

Mit einem Ruck stand Arekk wieder auf, schüttelte sein Kopf und all die Müdigkeit und Schwäche war verflogen.
Er schaute sich um und ging zielstrebig Mitten in den Schneesturm hinein.

Tag 24

„Gemeinsam werden wir den Feind zerschlagen!“, rief der Norn vor versammelter Mannschaft. Lautes Gejohle und Waffenscheppern waren die Antwort. Es war Abend und keine Wolke stand am Himmel. Die Sonne war schon längst hinter den Bergen verschwunden.

„Wir werden jetzt zu den Ruinen der Stadt Ascalon marschieren, um dort den Feind ein für alle Mal zu zerschlagen! Ziehen wir zum Sieg!“ Er zog sein Schwert und stürmte auf die Ruinen zu, hinter ihm folgte eine beträchtliche Anzahl von Kriegern und Kriegerinnen. In der Ferne sah man, dass sich auch die ascalonischen Geister in Formation gebracht hatten. Alle waren bereit für die Schlacht.

Mit einem Schlag brach ein greller, weißer Lichtblitz über die Ebene herein und erhellte die Nacht. Der Boden erzitterte so heftig, dass Geister und Lebende gleichermaßen von den Füßen gerissen wurden. Als sich das Beben und das grelle Licht wieder gelegt hatten, standen eine verhüllte Gestalt und ein kleiner Asura zwischen den niedergeworfenen Fronten.

„Was zur Bärin …?”, schrie der Befehlshaber und richtete sich wieder auf. Beide Truppen blieben an Ort und Stelle, niemand regte sich, aus Furcht, es könnte etwas Schlimmeres geschehen als zuvor.

„Das Leben ist zu kostbar, um es in einem sinnlosen Krieg gegeneinander zu verschwenden”, begann die vermummte Gestalt mit sanfter Stimme. „Ihr, die ihr vom Feindfeuer verflucht worden seid, ihr müsst das am besten wissen. Es ist Wintertag und ihr nehmt und erschwert das Leben, das so wichtig ist. Das Fest der Liebe und Einigkeit ist heute, in diesem Moment. Löwenstein erstrahlt im Zusammenhalt der Völker Tyrias. Ein jedes Volk gab sein Bestes, um dies zu ermöglichen. Ist euch das denn gar nichts wert? Nicht unter uns weilt der Feind, nein! Er weilt in den Weiten des Maguuma-Dschungels und wartet nur auf die richtige Gelegenheit, euch alle mit einem Schlag zu vernichten.

Hört auf mit dem flechten von Fehden und findet den Zusammenhalt, den ihr verdient, um gemeinsam gegen den Feind im Westen zu bestehen. Ein Abend ohne Morden, ein Abend ohne sinnloses Blutvergießen, ein Abend ohne eine Schlacht zwischen den Lebenden und den Wiedererweckten. Ihr seid das Leben, nicht der Tod.
“ Ihre klare Stimme verhallte über dem See und den Feldern um sie herum.

Der Asura machte ein paar Schritte in Richtung des Norn und legte ein kleines Paket im Schnee ab, klatschte in die Hände und das Päckchen öffnete sich von selbst. Zum Vorschein kam eine Feuerschale, die langsam größer wurde und sich mit einem bläulichem Licht entzündete. Dann ging er mit der vermummten Gestalt Hand in Hand in die Nacht hinein und verschwand in der Dunkelheit.

Die beiden Trupps standen wie angewurzelt da. Keiner von ihnen rührte sich, unfähig das Geschehene zu begreifen. Nicht einmal der Norn und der Leutnant der Geister von Ascalon. „Ihr seid das Leben, nicht der Tod“, murmelte der Norn nachdenklich in seinen Bart hinein.

Das Feuer brannte in ihrer Mitte und zog sie alle in den Bann. Als ob ein mächtiger Zauber gesprochen worden wäre, legte ein jeder seine Waffen nieder und ging auf das Feuer zu. Was folgte, war ein nie dagewesenes friedvolles Zusammensein der Lebenden und der Geister von Ascalon. Es war, wie überall in Tyria, ein Abend voller Frieden und Ruhe.

Anmerkung des Autors

Das Ende, das hier zu lesen ist, ähnelt dem Weihnachtsfrieden des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914, vor 101 Jahren. Diese Geschichte soll an die Opfer des Krieges erinnern und daran, dass selbst für einen Abend der verhasste Feind zu einem guten Freund werden kann.

Ich hoffe, Ihr konntet herausfinden, wer die Frauenstimme am Ende war, denn wer sich als erstes bei mir meldet und die Lösung präsentiert, bekommt einen Preis.

Ich danke allen, die mich beim Schreiben dieser Geschichte und der Planung des Adventskalenders unterstützt haben.


Ein frohes Weihnachtsfest Euch allen

~Taron Tarorosch


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