Ostern 2018: Geschichte – Ei 3: Lyssa

15. Die Südlicht-Bucht wartet

Als der Transport endet und alle drei sicher und wohlbehalten in Löwenstein angekommen sind, ist das erste, was man hört, tiefes Durchatmen. „Das war knapp“, kommt es von Silas. Isengora schüttelt nur den Kopf und meint: „Beim Raben, Tyria ist einfach riesig, aber an manchen Stellen auch schlimmer als die Unterwelt.“ – „Wie viel Tage sind seit unserer Abreise vergangen?“ fragt Grimma. „Sechs Tage“, antwortet Isengora, „wobei es mir viel mehr vorkommt. Da wir heute den siebten Tag haben, bleiben uns noch 36 Stunden, um die Waffe vom Weißen Mantel aufzuhalten.“ So gönnen sich unsere drei auch nur ein kurze Rast von dreißig Minuten, bis es weitergeht. Wenige Stufen hoch kommen die drei zum großen Torknotenpunkt-Platz. Sehnsuchtsvoll schauen sie sich alle Tore an. Isengora würde gerne nach Hoelbrak. Grimma zieht es in die Schwarze Zitadelle und Silas, was würde er wohl geben dafür, kurz nach Götterfels zu springen und Kaia zu besuchen, doch die Zeit gibt es für niemanden von den dreien und so akzeptieren sie ihr Schicksal und betreten gemeinsam das Tor, das sie zur Südlicht-Bucht bringt.

Kaum dass sie durch das Tor gelaufen und an der Südlicht-Bucht angekommen sind, werden sie gleich von einem Repräsentanten des Konsortiums begrüßt und belehrt. „Bitte beachtet, dass Ihr euch mit dem Betreten der Südlicht-Bucht bereiterklärt, das Konsortium für jeglichen Schaden, der durch Siedler, Wildtiere oder Konsortiums-Beschwichtiger entsteht, schadlos zu halten.“ – „Was meint der Teppichfussel?“, fragt da Isengora mit hochgezogenen Augenbrauen. „Wenn uns hier irgendetwas passiert, können wir nicht das Konsortium verklagen und dafür haftbar machen“, meint Silas. „Oh, ich pass schon auf uns auf“, meint Isengora und schwingt ihren Stab.

Da fällt Grimma eine Frau auf, welche in der Nähe der Balustrade steht. „Das ist doch Konstablerin Turma“, ruft sie noch und läuft auf die Frau zu. „Grimma, was machst Du hier und was ist das für eine Rüstung?“ Grimma beginnt zu erzählen, was in der Zwischenzeit alles passiert ist und mit jedem weiteren Abenteuer verdüstert sich das Gesicht von Turma. „Ihr müsst also schnellstens zur Backstein-Höhle und dort zum Karka-Bau. Also, dem Konsortium hier könnt Ihr nicht trauen. Es sind zwielichtige Halunken. Das bedeutet, Ihr müsst euch Euren Weg selber freikämpfen. Wir haben noch vier Stunden Zeit, bis es dunkel wird. Das wird reichen, um bis zum Dampfrohr-Gehöft zu kommen. Dort müsst Ihr übernachten, egal wie dringend Eure Aufgabe ist. Mit den ersten Strahlen der Sonne könnt Ihr dann weiterziehen. Ihr habt anschließend noch zwei Stunden Fußweg vor euch bis zum Karka-Bau. Begeistert, dass Ihr hier seid, bin ich nicht, aber ich wünsche Euch viel Glück.“ Grimma bedankt sich und geht zu den anderen zurück, die sich in der Zwischenzeit umgeschaut haben. „Wir müssen über die scheckige Küste zum Dampfrohr-Gehöft. Turma hat mir den Weg erklärt und mich vor den Windreitern und den Karkas gewarnt.“ – „Vor bitte was?“, fragt Isengora. „So heißen wohl die Einheimischen hier. So genau habe ich es auch nicht verstanden. Wir werden sehen. Lasst uns losmarschieren.“

Über eine Brücke, weiter auf Gras, manchmal auf sandigem, manchmal auf felsigem Boden geht die Reise der drei weiter. Dabei beobachten sie die neue Vegetation auf ihrem Weg. Neben Passionsblumen, die relativ häufig vorkommen, tauchen ab und zu sogar blühende Passionsblumen auf, wie Isengora aufgeregt feststellt. Die Blüten sind nicht nur wertvoll, nein, die Wächterin braucht sie auch für einige ihrer Kochrezepte. Vorsichtig schneiden sie mit ihren Orichalcum-Sicheln die Blüten ab und verstauen diese in ihren Taschen. Die Angriffe der Windreiter, vor denen Turma sie gewarnt hat, machen der Gruppe wenig aus. Silas zündet mit einem Feuerball die Tentakeln an und Grimma nagelt sie mit ihren Pfeilen an den nächsten Felsen, so dass sie wie Fackeln aussehen, die extra jemand platziert hat.

Mit den Strahlen der untergehenden Sonne kommen die drei beim Dampfrohr-Gehöft an und erleben noch die letzten Minuten der Verteidigungsphase. Der Strahl eines Flammenwerfers zischt an Isengora vorbei und ein letztes Karka-Junges verendet zwitschernd. „Was ist denn hier los?“, fragt Grimma. „Die Karkas greifen uns immer wieder an. Ein Sylvari hat ein Toxin freigesetzt, das die Karkas in regelmäßigen Abständen in den Wahnsinn treibt.“ – „Warum bleibt Ihr dann noch hier?“, fragt Isengora. „Das Konsortium hat uns reichen Lohn versprochen, auch wenn bis jetzt nur wenig davon zu sehen war. Eine Weile spielen wir noch mit, aber wenn Subdirektor Noll dann keine großen Goldklumpen sehen lässt, dann …“ Über alles Weitere schweigt der Angesprochene. „Was treibt Euch eigentlich hier hin?“ – „Wir brauchen eine Unterkunft bis morgen früh. Dann wollen wir weiter in den Karka-Bau.“ – „Seht Ihr die Stufen bei den Bäumen? Es kann sich jeder von Euch eine Baumhütte nehmen. Wir haben zwar die Jahreszeit des Kolosses, aber Ihr merkt schon, es ist angenehm warm hier. Ein Vorteil an der Südlicht-Bucht.“ Silas, Isengora und Grimma bedanken sich und ziehen weiter zu den Baumhäusern. Da genügend Platz ist, sucht sich jeder sein eigenes Haus und wünscht den anderen eine gute Nacht. Als Grimma alleine ist, legt sie die Rüstung ab, verstaut alles und greift mit der Pfote dann in eine ihrer Taschen. Das Ei der Melandru. Es vibriert wieder in ihrer Hand und auch die Frage erscheint wieder in ihrem Kopf: Soll ich mich öffnen? Grimma setzt sich ganz entspannt hin, das Ei in beide Pfoten gelegt, als sie denkt: Zu Ehren von Brandor Grimmflamm, öffne dich,Ei der Melandru. Das Ei bekommt Risse und durch diese Risse entströmt ein grüner Schein, der auf Grimma zuhält. Zuerst streichelt der Schein an ihren Pfoten entlang. Vorsichtig verteilt er sich über den ganzen Körper, so als ob er Grimma nicht erschrecken will. Es kitzelt ein wenig und Grimma fängt deswegen an zu schnurren. Da kommt wieder die Frage: Bist du bereit? – Bereit? Bereit wozu? – Mit Deinen Tiergefährten eins zu werden, Eure Seelen miteinander zu verbinden, um den anderen jederzeit spüren zu können und Eure Angriffe zu koordinieren. Ihr seid dann wie Licht und Dunkelheit. Solange Ihr verbunden seid, ist es so, als ob Ihr ein Wesen seid. Grimma faucht: „Ich will.“ Dann so die Antwort. Atme den Geist der Melandru ein. Der Schein zieht nach oben in Richtung der Nase von Grimma und die junge Charr atmet tief ein und dann erlebt sie es. Sie spürt, was gemeint ist. Ein Teil ihrer Seele, der bisher brach im Dunkel lag, bekommt plötzlich Gestalt. Ihre Tiergefährten, die sie bisher nur gespürt hat, kann sie nun fühlen und durch ihre Augen sehen. Es ist erschreckend und faszinierend zugleich für Grimma. Um die volle Kraft zu nutzen, kommt es da wieder von dem Ei, brauchst Du noch eine besondere Waffe. Greif mit Deiner Pfote in das Ei und nimm dir ein zweites Geschenk der Melandru. Grimma macht, was das Ei wünscht, und zieht einen mit Blumen und Wurzeln verzierten Dolch aus dem Ei, der das Abbild der Melandru zeigt. Somit bist Du komplett Seelenwandlerin. Nach diesen Worten schließen sich die Risse im Ei wieder und es liegt ruhig neben Grimma. Die junge Charr weiß, sie wird heute Nacht keinen Schlaf finden. Es gibt zu viele neue Möglichkeiten, zu viel ist zu erforschen, was sie mit ihren Seelenpartnern jetzt an Angriffen ausführen kann. Sofort macht sie sich an die Arbeit, alles innerhalb ihres Baumhauses auszuprobieren.

Silas nutzt die Zeit zum Baden und zum Behandeln seiner Verletzungen. Das Leben eines Elementarmagiers ist hart. Ja, seine Angriffe sind vernichtend, aber die Rüstung fängt kaum etwas ab. Er spürt jeden Schlag, jede Attacke vom Gegner viel härter als die anderen.

Trotzdem ist er stolz auf seine Wahl, er liebt es, Elementarmagier zu sein, und ja, er liebt es, für Kaia zu kämpfen. Dieses hübsche Mädchen. Er erinnert sich noch genau, wie er sie zum ersten Mal im Waisenhaus gesehen hat. Ihre langen braunen Haare flogen bei jedem Schritt durch den Wind und ihre Hüfte schwang dazu entgegengesetzt im Takt. Ihre kleine Stupsnase, die er so süß findet, und das Lächeln ihrer blauen Augen. Als Kaia sich das erste Mal zu ihm umdrehte und ihn ansah, schaute er schnell weg. Es war ihm peinlich und er hatte auch ein bisschen Angst vor ihrer Reaktion. Die Gedanken unterbrechen sich, als Silas aus der Badewanne steigt und sich abtrocknet. Dabei bemerkt er drüben einen grünen Schein im Baumhaus von Grimma. Das Ei der Melandru. Sie benutzt es jetzt, geht es ihm durch den Kopf. Soll ich rüber gehen? Silas entscheidet sich dagegen. Er schlüpft unter die Bettdecke, schließt die Augen und denkt in diesem Moment viel lieber an Kaia und wie er die Rettung zu ihr bringt als strahlender Held.

Als Isengora alleine ist, nimmt sie die Rüstung ab und schmiert die Narbe über der linken Brust mit Fett ein, damit die Rüstung nicht dauernd daran reibt, um anschließend von der Zukunft zu träumen. Das Ei von Balthasar. Wird es uns den Zugang zu dem großen Schatz gewähren? Werden wir das Waisenhaus retten können? Ach, was sollen die Zweifel. Ich kann alles schaffen. Es ist Teil meiner Legende, als Heldin durch die Welt zu ziehen, die Schwachen zu beschützen und das Waisenhaus zu retten. Mit diesen Gedanken schläft Isengora ein.

Am nächsten Morgen treffen sich alle drei zum Frühstück, als Grimma sagt: „Ich habe es heute Nacht benutzt.“ Isengora schaut sie verständnislos an. „Was hast du benutzt?“ – „Das Ei der Melandru“, kommt da von Silas. „Ich habe den grünen Schein bemerkt und mir schon so was gedacht.“ – „Und, was ist passiert?“, fragt Isengora. Grimma erzählt, wie das Ei Risse bekam und der grüne Schein erschien und eine Stimme in ihrem Kopf mit ihr geredet hat. Zum Schluß legt sie den Dolch auf den Frühstückstisch. „Melandru ist den Geistern der Wildnis ähnlich“, meint Isengora. „Ich habe die ganze Nacht abwechselnd meine Tiergefährten gerufen und mich mit ihnen verbunden. Es ist fantastisch. So viele neue Möglichkeiten. Das Schwert und die Axt sind Geschichte. Ich muss mit dem Dolch zwar nah an meine Gegner ran, aber da mein Seelenpartner für Ablenkung sorgt, werde ich der Schatten sein, der den tödlichen Schlag führt.“ Bewundernd und etwas neidisch schaut Silas auf den Dolch, wohl wissend, dass Elementarmagier auch mit Dolchen umgehen können. Doch da kommen dem Jungen die Verletzungen von gestern in den Sinn und da ist sein Stab als Fernkampfwaffe vielleicht dann doch sinnvoller.

Am Ende des Frühstücks gehen unsere drei noch mal zum Südlicht-Ökonom und verkaufen ihre überschüssigen Sachen. Silas hätte sich gerne noch Tränke der Karka-Zähigkeit geholt, aber dazu fehlen ihm leider die Karka-Panzer und so ziehen sie weiter in Richtung der Treibglas-Quellen. Unterwegs treffen sie eine Löwengarden-Patrouille und einige Abenteurer, die große Veteranen Karkas attackieren. Um schnellstmöglich an Karka-Panzer zu kommen, unterstützen die drei eine Zeitlang die Gruppe, zumal der eingeschlagene Weg in ihrer Richtung liegt. Nach fünf eingesammelten Karka-Panzern ist dann aber auch schon wieder Ende. Während die Patrouille nach Süden in Richtung des Rückzugsorts des Kapitäns weiterzieht, müssen Isengora, Grimma und Silas weiter nach Norden durch die Dampfwand in Richtung Backstein-Höhle.

„Immer rechts an der Wand bleiben“, ruft Isengora, „so können wir nicht überrascht werden.“ Ab und zu kommen noch andere Abenteurer dazu und so muss noch der ein oder andere Karka-Veteran dran glauben, als sie endlich den Aufstieg zur Höhle erreichen. „Komisch“, meint Isengora, „warum rennen alle den Berg nach oben?“ – „Kontsablerin Turma hat es mir erklärt“, kommt da von Grimma. „Oben wartet ein Karka-Champion und eine Orichalcum-Ader. Wer mutig oder auch verrückt genug ist, probiert sich an beidem. Unser Weg ist der nach unten.“ So kommen sie wenig später bei dem Uralten Karka an und Grimma fängt an zu zittern. „Hast du plötzlich Angst?“, fragt Isengora mit einem spöttischen Lachen auf ihrem Gesicht. „Nein“, meint Grimma, „aber ich erinnere mich daran, was Hazadim über Lyssa erzählt hat. Lyssa soll die Menschen-Göttin der Schönheit, Illusion und des Wassers sein. Gegen Schönheit habe ich nichts, aber gegen Wasser in Mengen und Illusionen schon. Ich traue der Geschichte hier nicht.“ Da flimmert plötzlich die Luft und Grimma verschwindet vor den Augen ihrer Freunde.

Die junge Charr findet sich auf einer Wiese wieder. „Hey Grimma“, kommt es da fauchend von rechts. „Wir sind auf Patrouille. Ausruhen kannst Du dich später.“ Mit einem gespielten Ächzen steht Grimma auf und läuft ihrem Trupp hinterher. „Du wusstest doch durch Deinen Vater, was Dich bei der Eisen-Legion erwartet. Deine Leistungen beim Verschwinden sind vielleicht bei der Asche-Legion bewundernswert, aber hier bei uns ist Zupacken angesagt. Also lauf gefälligst schneller!“ Nach einigen Minuten des Marschierens hebt der Zenturion plötzlich den Arm. „Wartet! Ich rieche den Gestank der Flammen-Legion.“ Da enttarnt sich plötzlich links ein Rauch-Schamane zusammen mit seinem Trupp. „Vier von uns gegen sechs von denen. Die verspeisen wir zum Frühstück!“, ruft Grimmas Truppführer. „Attacke!“ Mein Bogen rutscht mir automatisch in die Pfoten. Verdammt, geschickt ausgewichen. Ruhig, Grimma. Neben mir spritzt Blut, einer meiner Kameraden hat den Flammen-Legionär an der Schulter erwischt. Sehr gut. Ein neuer Pfeil liegt auf meiner Sehne und ich ziehe grade durch, als mein Truppführer schreit: „Ein riesen Teerelementar.“ Wie von einem Verschlinger gebissen verlassen alle sofort den Ort des Kampfes bis auf eine Gegnerin und mich. Warum geht sie nicht? Da sehe ich, dass der Teerelementar sie verkrüppelt hat und dass sich unter ihrer Rüstung etwas bewegt. „Nein! Wie kannst Du es wagen, Dein Junges mit in den Kampf zu nehmen?!“, schreie ich sie an. Ich werde in diesem Moment so wütend, doch da sehe ich, dass das riesen Teerelementar zum Schlag ausholt. Das wird weder sie noch ihr Junges überleben. Ich schieße auf die Hand des Teerelementars, die unter meinen Pfeilen zerplatzt. Doch damit habe ich nichts gewonnen. Mit einem Satz springe ich an das riesen Teerelementar heran und beschwöre einen Geist zur Ablenkung. Mein nächster Sprung bringt mich zu der Flammen-Legionärin. Ich greife zu und ziehe sie ein Stück mit mir. Humpelnd ist sie mehr eine Last als eine Hilfe. Wir sind schon ein Stück weit weg, als die letzte Attacke des Elementars sie trotzdem noch am Kopf trifft. Mit einem Blick sehe ich, dass hier keiner mehr helfen kann. Mit brechenden Augen schaut sie mich an und ich kann ihre unausgesprochene Fragen erkennen. „Ich werde Dein Kleines aufnehmen und aufziehen, so als ob es mein Kind wäre.“ Nach diesem Satz erlischt der Glanz in ihren Augen. Langsam lege ich sie auf den Boden und nehme das Kleine an mich. Es schaut mich verängstigt an und versucht, unter meine Rüstung zu rutschen. Ich öffne zwei Halterungen und schaue fasziniert dabei zu, wie es reinkrabbelt und sich an mein Bauchfell ankuschelt. Gerade will ich die Halterungen wieder schließen, als das Teerelementar vor mir auftaucht. Es zerfließt vor meinen Augen und setzt sich neu zusammen, scheinbar zu einem Menschen. Ich bin die Menschen-Göttin Lyssa. Die Eisen-Legion und die Flammen-Legion sind Todfeinde und trotzdem hast Du geholfen. Hätte Deine Feindin genauso gehandelt?“ – „Dazu wäre es nie gekommen“, faucht Grimma. „Ein Junges mit in den Kampf zu nehmen, ist unverantwortlich.“ – „Grimma Flinkepfote, durch Melandru kenne ich Brandor Grimmflamm und ich bestätige hiermit, er hat gut gewählt.

Du hast dich des Eis der Lyssa als würdig erwiesen. Nimm es dir und setze es weise ein.“

Damit verschwindet die Frau und vor Grimma fängt die Luft wieder an zu flimmern. „Wo warst du?“, fragt Isengora. Grimma schüttelt den Kopf. „Wie lange war ich weg?“ – „Vielleicht zehn Sekunden“, antwortet Silas. „Für mich waren es Stunden“, meint Grimma. Da leuchtet es unter dem Uralten Karka auf und ein Ei kommt aus dem Körper hervorgeschwebt. Grimma streckt beide Pfoten aus, während Isengora und Silas das ganze fasziniert betrachten. Das Ei schwebt langsam heran und legt sich dann behutsam in Grimmas Händen ab. Dreimal kann ich helfen, nutzte mich weise, meldet sich das Ei direkt in Grimmas Kopf. Grimma nickt und verstaut dann das Ei in der Tasche. „Wie spät haben wir es?“ – „14:23 Uhr“, antwortet Silas. „Dann haben wir noch 9 Stunden und 37 Minuten, bis die Waffe einsatzbereit ist. Wir müssen sofort zurück nach Götterfels.“ So nehmen alle drei ihre Asura-Map aus der Tasche und klicken auf die Wegmarke Lyssa in Götterfels. Ist es ein gutes Zeichen, dass die Wegmarke benannt ist nach der Göttin, dessen Ei ich grade geholt habe?, fragt sich Grimma noch, während sie die Reisekosten vom 2,37 Silber bestätigt. Doch da werden die Gedanken beiseite geschoben von der einsetzenden Teleportation.

16. Der Doric-See

Unsere drei kommen direkt am Tor an, das sie in die Gegend des Doric-Sees führen wird. Kurz bleiben sie davor stehen und Silas legt seine Hand an das Tor. „Hinter diesem Tor“, sagt Silas, „ist der Mann oder die Frau, der oder die Kaia verletzt hat. Wenn ich die schuldige Person finde, habe ich nur eine Bitte an Euch: Lasst mich alleine mit ihr.“ Isengora legt die Hand auf seine Schulter und sagt mit beruhigender Stimme: „Hazadim hat uns gelehrt: Rache bringt keine Ehre und keinen Segen.“ Da schaut Silas hoch und fragt: „Hat Hazadim jemals jemanden geliebt?“ Als sie durch das Tor wollen, hält Leutnant Fores von den Seraphen sie auf. „Jugendliche haben hier nichts zu suchen. Geht weiter!“ – „Wir sind auserwählt, diesen Weg zu gehen“, sagt Isengora und geht entschlossen auf den Leutnant zu. „Wer sagt das?“, gibt dieser daraufhin zurück. „Ich, Hauptmann Thackeray“, kommt da von der Seite die Antwort. „Priester Hazadim war bei mir, weil er gehört hat, dass Ihr wieder in Götterfels seid. Seine Vermutung war, dass Ihr auch den Doric See besuchen müsst und so bat er um meine Erlaubnis. Leutnant, lasst diese drei durch das Tor. Hazadim hat mir glaubhaft versichert, dass es einen guten Grund gibt, sie passieren zu lassen.“ – „Zu Befehl, Hauptmann!“

So führt sie der Weg durch das Tor, welches hinter ihnen sofort wieder verschlossen wird. „Bei Knut Weißbärs Bart … Es ist lange her, dass ich hier war“, meint Isengora. „Alles brennt oder wurde zerstört. So habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Auch die beiden anderen sind ziemlich erschüttert. Der Doric See war früher wie ein Garten, in dem alles wuchs. Es gab Fisch im Überfluss und auf dem See spiegelte sich die Silhouette von Götterfels. Überall hörte man das Lachen von Kindern. „Und jetzt?“, kommt die Frage von Silas. „Wir haben noch sieben Stunden. Lasst uns aufbrechen.“ Ihr Weg führt sie durch Kuhlen in der Straße, vorbei an umgestürzten, brennenden Türmen, in das Flussbett, in dem einst der See ruhte. Jetzt sieht man nur noch Rinnsale zu beiden Seiten und auf Grund gelaufene Schiffe. In der Mitte des Flussbetts liegen tote Seraphen-Bogenschützen und wenig später treffen die drei auf die ersten Ritter des Weißen Mantels. Silas stürmt in Berserker-Manier vor und vernichtet den ersten Ritter, indem er sich aber total verausgabt. Da kommt der Zweite auf ihn zugestürmt und wieder setzt Silas alles ein, was er aufbringen kann. Dabei wechselt er ständig zwischen Luft- und Feuer-Einstimmung hin und her, aber dieses Mal bekommt er den Ritter nicht selbst in den Griff. Verzweifelt läuft er auf den Ritter zu und versucht ihn mit dem Stab zu schlagen. Da greifen Grimma und Isengora ein und ziehen Silas aus dem Kampf heraus. „Hör auf, Du Narr!“, faucht Grimma ihn an. Die Augen von Silas flackern wild und erst als Isengora ihn kurz vom Boden hochhebt, beruhigt er sich. „Dein Bedürfnis nach Rache bringt uns alle in Gefahr.“ Silas lässt die Arme hängen und Isengora setzt ihn langsam wieder ab. „Warum wollte er nicht fallen?“ – „Weil Du Narr den Kleriker dahinter nicht gesehen hast. Der hat den Ritter sofort wieder geheilt. Wenn wir Dich nicht gestoppt hätten …“ Da hebt Silas die Hand und meint: „In Ordnung, ich habe verstanden. Seit wir durch das Tor gegangen sind, habe ich rot gesehen. In jeder Zerstörung habe ich einen Angriff gegen Kaia gesehen. Da sind mir die Sicherungen durchgebrannt und ich wollte nur noch töten.“ – „Solange Du einsiehst, dass hier der Kopf und nicht das Herz gebraucht wird, ist alles in Ordnung“, sagt Grimma. Silas nickt und so gehen alle weiter Richtung Saidras Hafen. „Wir haben noch fünf Stunden: Wir müssen uns noch mehr beeilen! Hauptmann Thackeray hat zu mir gesagt, dass wir uns mit Vorstreiterin Ylan besprechen sollen“, meint Isengora. „Aber wo finden wir sie?“, fragt Grimma. „Direkt am Fort, sie hat sich getarnt, wird sich uns aber zu erkennen geben und alle benötigen Informationen für uns bereithalten.“

So führt ihr Weg die Freunde weiter, aus Zeitgründen versuchen sie, dem Weißen Mantel so gut es geht aus dem Weg zu gehen: Versteckt hinter Bäumen und Büschen ist es manchmal besser einige Minuten zu warten, als zwanzig Minuten zu kämpfen. „Psst, kommt hier rüber!“, kommt es da aus einem Busch. „Wer bist Du?“, fragt Grimma. „Ich bin Vorstreiterin Ylan. Ich habe durch einen Raben Nachricht erhalten, dass ich Unterstützung bekomme, um die Waffe auszuschalten, aber ich hatte nicht mit so junger Verstärkung gerechnet.“ – „Bitte vertraut uns“, kommt da von Silas. „Ich kann Euch jetzt nicht genau erklären, warum ausgerechnet wir es sind, welche die Waffe zerstören müssen. Ich kann Euch nur bitten, uns schnellstmöglich alle Information zu geben.“ Ylan nickt und meint: „Okay, ich werde Euch alles sagen, aber ich habe keinen blassen Schimmer, wie Ihr diese Herausforderung bewältigen wollt. – Also: Ihr müsst den Schmied, den Konstrukteur der Waffe, töten. Außerdem müsst Ihr beide Kammern, in denen Blutsteinsplitter gelagert sind, in die Luft sprengen, um zu verhindern, dass sie daraus Klumpen herstellen. Zudem müsst Ihr die Originalpläne der Waffe zerstören, ebenso die Kopien davon, die an drei weiteren Orten versteckt sind. Zum Schluss müsst Ihr die Waffe selbst vernichten. Das Problem ist, ich kann Euch als Mitglieder des Weißen Mantels einkleiden. Sobald Ihr aber etwas sabotiert und dabei beobachtet werdet, seid Ihr so gut wie tot.“

Grimma überlegt und weder Isengora noch Silas stören sie in ihren Gedankengängen. Sie kennen diesen Gesichtsausdruck von ihr. „Ylan, wenn wir in die Festung reinkommen, könnt Ihr uns begleiten, ohne enttarnt zu werden?“ – „Solange ich selber nur mitlaufe, ja. Aber was bringt das?“ – „Bitte geduldet euch. Ich brauche als erstes meine zwei Tiergefährten.“ Grimma konzentriert sich kurz und schon erscheint eine Dschungelspinne an ihrer Seite. „Isengora, Deine Aufgabe wird es sein, die Blutsteinkammern zu sprengen.“ – „In Ordnung, wo bekomme ich den Sprengstoff her?“ – „Im Inneren der Festung liegt genug, ich kann Euch den Weg zeigen“, meint Ylan. „Damit Du herein kommst, werde ich das Ei der Lyssa bitten, Dich in eine Elite Jade Rüstung zu verzaubern. So hast Du genug Möglichkeiten dich selbst zu schützen, wenn etwas schiefgeht.“ – „Das Ei der Lyssa?“, fragt Ylan. Grimma schüttelt nur den Kopf. „Silas, hast Du dich unter Kontrolle?“ Der Blondschopf nickt und meint: „Du kannst dich zu hundert Prozent auf mich verlassen, Grimma. Was soll ich tun?“ – „Du sollst wütend werden!“ – „Bitte was?“, kommt eine irritierte Nachfrage von Silas. „Der Schmied muss sterben und dadurch hast Du Deine Möglichkeit, Rache für Kaia zu nehmen.“ – „Aber ich dachte …“, kommt da von Silas, doch die Charr unterbricht ihn: „Dein Herz brennt und das hätte beinahe auch uns gleich mit zu Asche verbrannt. Doch es ging nie darum, Dir Deine Rache zu nehmen. Es muss nur zielgerichtet sein. Richte Deine ganze Wut, Deine ganze Energie gegen den Schmied. Das Ei wird Dir dafür das Aussehen eines Weißer Mantel-Elementarmagiers geben.“ „Und Du?“, fragt Isengora. „Was machst Du?“ – „Ich werde das Ei bitten, mir das Aussehen eines Elite Jade-Bogen zu geben. Dann werde ich durch die Festung patrouillieren, nach den Plänen suchen und diese hoffentlich auch finden.“

Vorsteiterin Ylan schüttelt nur den Kopf. „Was redet Ihr da für einen Blödsinn von Elite Jade-Rüstung und Elite Jade-Bogen?“ Da nimmt Grimma das Ei heraus und legt es auf ihre linke Pfote. „Ei der Lyssa, Du hast meine Wünsche gehört. Verwandle uns!“

Die Luft flimmert kurz und dann schreit Vorstreiterin Ylan plötzlich auf und zieht ihre Waffe: „Verrat! Ich bin verraten worden, aber ich werde kämpfen!“ Da hält Isengora, in Gestalt der Elite Jade-Rüstung die Vorstreiterin fest. „Ylan Ihr seid nicht verraten worden“, kommt es von dem Elite Jade-Bogen. „Die Göttin Lyssa hat uns höchstpersönlich eine Gabe von ihr zur Verfügung gestellt.“ – „Aber wie?“ Doch der Elite Jade-Bogen schüttelt den Kopf: „Bitte vertraut uns, wir haben keine Zeit für lange Erklärungen.“ Ylan akzeptiert schließlich das Geschehen, auch wenn sie weit davon entfernt ist, zu verstehen, was hier passiert. Schnell schlüpft sie in ihre Verkleidung und zusammen gehen sie als Trupp des Weißen Mantels den Weg hinauf zum Fort. Am Tor gibt es niemanden, der sie aufhält und so marschieren sie einfach weiter. „Kommt mit“, zischt Ylan in Richtung der Jade-Rüstung. „Ihr müsst euch so vor den Brunnen stellen, dass keiner sehen kann, wenn ich hinabklettere. Der Sprengstoff ist auf dem Boden des Brunnens in kleinen Paketen luftdicht verpackt. Ich bringe sechs Päckchen mit. Jedes einzelne hat genug Sprengkraft, um einen Raum zu sprengen.“ So schwebt Isengora nahe an den Brunnen heran und hört kurz darauf ein leises Platschen, nachdem Ylan in den Brunnen abgetaucht ist. In einiger Entfernung sieht sie Grimma als Elite Jade-Bogen tiefer in die Festung vordringen. Silas steht als Elementarmagier neben dem Eingang zur Schmiede und beobachtet seine Umgebung. Im Augenblick kann er noch nichts machen, da ein fremder Elementarmagier und eine Nekromantin noch mit seinem Opfer im Raum sind. Da kommen Klopfzeichen aus dem Brunnen neben der Norn. Schnell bewegt sich Isengora an die linke Seite des Brunnens, weil die Nekromantin gerade aus der Schmiede in Richtung des Brunnens geht. Da hört sie Kratzgeräusche oben am Brunnenrand und spürt, wie ihr jemand etwas in die Rüstung rein schiebt. Wenig später steht Ylan wieder an ihrer Seite. „Das lief tatsächlich gut“, meint die Vorstreiterin, etwas außer Atem. „Jetzt kommt Euer Teil. Ihr müsst in jedem Raum je zwei Päckchen verstecken. Die Zündung erfolgt durch mich. Ich habe den Zünder am Gürtel. Wenn Ihr also fertig seid, schaut bitte nochmal in den hinteren Bereich der Festung. Es gibt dort noch einen dritten Punkt, an dem relativ viele Splitter des Blutsteins gelagert werden. Dafür reicht aber ein Päckchen des Sprengstoffs.“ – „Was macht Ihr in der Zwischenzeit?“, fragt Isengora. „Ich werde jetzt Eure Freundin, den Elite Jade-Bogen, suchen. Ich will ihr helfen die Pläne zu finden und endgültig zu zerstören.“

So trennen sich die Wege der zwei und Isengora schwebt in den ersten Raum. Es ist niemand außer ihr da und so nutzt sie die Gelegenheit, eine Ladung direkt auf der Rückseite eines Fasses zu platzieren. Die zweite Ladung platziert sie an der Wand hinten links in der Ecke, knapp über dem Boden. Durch ein Fass mit den Schlachtplänen des Weißen Mantels verdeckt sollte sie dort keiner finden. Zufrieden dreht sich Isengora um und schwebt weiter. Noch ein weiterer Raum muss hier im vorderen Teil der Festung präpariert werden.

Grimma schwebt in der Zwischenzeit in ihrer Rüstung in die einzeln Eingänge der Gebäude. Das Haus rechts hinter der Brücke erregt ganz besonders ihre Aufmerksamkeit. Es gibt zwei Treppen, die nach oben führen und eine, die herunter in den Keller geht. Nach kurzer Überlegung entscheidet sich Grimma für den Keller. In der hinteren Ecke ist ein gefangener Seraph an einen Pfahl angebunden, der wild an seinen Fesseln zerrt. Die Chance ist günstig, da sie gerade alleine hier unten ist und so löst sie die Fesseln. Der Seraph kann sich unsichtbar machen und entkommen. Bei der ersten Treppe des Hauses, direkt am Eingang, probiert Grimma als Elite Jade-Bogen als nächstes ihr Glück. Wieder trifft sie auf einen gefangen Seraphen, dem sie aber nicht helfen kann, da gerade noch ein Weißer Mantel-Ritter die Stufen nach oben kommt. So zieht sich Grimma wieder zurück und probiert die dritte Treppe. Sofort bemerkt sie, dass sie hier richtig ist. Ein Weißer Mantel-Kleriker befindet sich in diesem Raum und dazu eine Nekromantin, die in ihren Experimenten vertieft an einem Tisch steht. Dahinter erkennt die Charr ein Fass mit eindeutiger Kennzeichnung, dass die Pläne wichtig sind und niemand die Pläne anrühren soll. Das Ganze trägt sogar das Zeichen von Justiziar Hablion. Nach einer halben Stunde des Wartens hat Grimma keine Wahl mehr: Sie passt einen Augenblick ab, in dem die Nekromantin wieder auf ihr Buch schaut, und dann geht es auf Schlag auf Schlag: Grimmas Tiergefährte, die Dschungelspinne betäubt die Nekromantin. Sofort wechselt Grimma in den Bestienmodus und greift mit dem Dolch an. Eine Salve von Hieben und Attacken prasseln auf die Nekromantin nieder, die zu keiner Gegenwehr fähig ist. Wenig später zieht Grimma die tote Nekromantin in den hinteren Teil des Raumes, zu einem großen Schrank und legt sie darin ab, um anschließend die Tür sorgfältig zu verschließen. Dann verlässt sie den Bestien Modus und schickt ihren Tiergefährten wieder weg, gerade noch rechtzeitig, denn schon kommt der Kleriker wieder die Treppe hoch. Der Seraph, der rechts in der Ecke am Pfahl steht, hat alles aus großen, staunenden Augen mit angeschaut, aber jetzt zerrt er wieder, wie vorher, an seinen Fesseln. Grimma stellt sich in die Ecke neben der Tür, die zum Balkon führt und wartet ab. Wenig später ist es dann soweit: Der Kleriker geht wieder in Richtung Treppe und verlässt die Etage. Sofort eilt Grimma zu dem Seraphen und lässt ihn frei, um sich anschließend die Pläne anzuschauen. Volltreffer! Es sind genau die gesuchten Pläne der Waffe. Sorgsam macht Grimma die Pläne unbrauchbar und schwebt dann weiter auf ihrer Suche, um die zwei weiteren Verstecke der Pläne zu finden.

Silas wartet in der Zwischenzeit immer noch neben dem Eingang zur Schmiede. Kaum ist der Elementarmagier aus dem Raum, läuft ein Kleriker hinein – es ist zum Verzweifeln. Zudem sieht Silas, wie der Schmied am Amboss steht und neue Rüstungen baut. Rüstungen für Leute, die nur das Ziel haben, Götterfels zu zerstören. Die Wut in Silas wächst, aber noch muss er sich gedulden. Da kommt plötzlich eine Mesmerin an ihm vorbei und schaut ihn an. Sie legt einen Finger an sein Kinn und meint: „Du gefällst mir. Hast du heute Abend Dienst oder frei?“ Silas fängt an zu stottern, als von hinten eine Stimme schreit: „Lausikania verdammt, komm endlich her! Wir sind als nächste dran mit dem Angriff auf Saidras Hafen.“ Die angesprochene Mesmerin, schüttelt bedauernd den Kopf und meint: „Schade, ich bin mir sicher: Wir hätten unseren Spaß gehabt. Wenn Du willst, morgen an der gleichen Stelle zur selben Uhrzeit.“ Mit diesen Worten drückt sie Silas ihre Lippen auf die Seinigen, um sich dann schnell zu verabschieden und zu ihrem Trupp zu rennen. Silas spuckt aus. Bähh! Was für eine falsche Schlange. Sollen die Seraphen sie doch holen … Dann besinnt er sich aber wieder auf seine Aufgabe und beginnt wieder, aufmerksame Blicke in die Schmiede zu werfen.

Endlich verschwindet auch der letzte Mantel und der Schmied ist allein. Silas sieht seine Chance gekommen. Er kann nicht genau einschätzen, was der Schmied so drauf hat, deshalb will er es schnell beenden. Erst betäubt er den Schmied mit einer Eruption, um dann sofort auf Feuer-Einstimmung zu wechseln und Meteore auf ihn herabstürzen zu lassen. Sofort beschwört er zusätzlich eine Lavafontäne, um anschließend wieder zum Wasser zu wechseln. Der Schmied versucht, ihn zu betäuben, doch Silas kann den Zustand im letzten Moment noch abwehren. Durch einen Frostausbruch hält er den Schmied weiter an seiner Position fest. Der letzte Wechsel auf Luft-Einstimmung und die Blitzbeschwörung lässt den Schmied endgültig vor Silas zusammenbrechen. In diesem Moment tritt ein Kleriker durch die Tür in die Schmiede, sieht den regungslos am Boden liegenden Schmied und versucht ihm zur Hilfe zu eilen. Silas betäubt auch ihn mit seinem Stab und ruft: „Mörder, Mörder, Mörder!“ Sofort ist er umringt von anderen Mitgliedern des Weißen Mantels. „Ich kam herein – und“, stammelt Silas und legt eine dramatische Pause ein, bevor er keuchend weiter spricht, „da habe ich gesehen, wie er sich über den Schmied gebeugt hat, der leblos am Boden lag.

Er hat den Schmied ermordet!“, schreit Silas und zeigt mit seiner rechten Hand auf den Kleriker, der gerade wieder zu sich kommt. Da stürmen die anderen auf den Kleriker zu, zerren ihn auf die Beine und ziehen in auf den Platz, wo schon eine Menge Mäntel versammelt steht und skandiert: „Mörder, Mörder, Mörder!“

Ylan hat in der Zwischenzeit Grimma in ihrer Elite Jade-Bogen-Form gefunden. „Wo sind die zwei anderen Verstecke für die Pläne?“, fragt Grimma. – „Wir müssen weiter in die Festung rein, zum hinteren Haus auf der rechten Seite. Sofort links in der Ecke des Raums findet Ihr in einer Tonne die Pläne.“ Als die beiden dort ankommen, sind bereits ein Nekromant und ein Mesmer vor Ort. „Ihr müsst mich abdecken“, flüstert Ylan, „dann kann ich die Pläne vernichten.“ Grimma schwebt ein Stück vor und scheinbar aus Respekt weicht der Nekromant ihr ein Stück nach hinten aus. So bekommt Ylan die Möglichkeit, die Pläne zu sabotieren. „Das war es schon“, gibt sie der Charr leise zu verstehen. Auf einmal herrscht draußen ein riesiger Tumult. Alle rennen an den Eingang der Festung. „Da ist Isengora!“, ruft Grimma gegen den Lärm an. In der Verkleidung als Elite Jade-Rüstung bringt Isengora gerade das letzte Sprengstoff Paket an. Dann machen sie sich gemeinsam auf den Weg zum Eingang der Festung, um zu sehen, was der Auslöser der Unruhe ist. Schon auf der Brücke hören sie die aufgebrachten Schreie: „Mörder, Mörder, Mörder!“

Silas hält sich am Rand der Menge und beobachtet das Geschehen, da tauchen Grimma, Isengora und Ylan auf und erblicken ihn. „Was ist passiert?“, wollen alle drei sofort wissen. Doch Silas schaut abweisend. „Keine Zeit jetzt, wie weit seid Ihr?“ – „Die Bomben sind deponiert“, meint Isengora. – „Mir fehlt noch ein Satz Pläne“, meint Grimma. Da grinst Ylan: „Nicht wirklich, die Originale der Pläne sind hier beim Schmied in einem Fass.“ – „Dann also schnell, die Waffe wird in fünfzehn Minuten einsatzbereit sein und abgeschossen.“

Als das hölzerne Fass in Feuer und Rauch aufgeht, stürmen sie durch das Eingangstor und auf die Waffe zu, die direkt neben dem Eingang zur Festung steht. In einem kurzen, aber heftigen Kampf beseitigen sie die Bewacher und Bediener der Waffe. Dann greift Ylan an ihren Gürtel. „Es wird Zeit, für Ablenkung zu sorgen.“ Als sie den Knopf drückt, gibt es mehrere riesige Explosionen und eine Druckwelle lässt sie alle in die Knie gehen. „Ich muss mich glaube ich erbrechen“, meint Silas und verschwindet um die Ecke der Festungsmauer. Auch den anderen ergeht es nicht besser, aber ein Blick auf die Uhr zeigt, dass nur noch vier Minuten bis zum Abschuss der Waffe verbleiben. Isengora in der Elite Jade-Rüstung startet mit einer Wirbelattacke. Grimma schießt mit ihren Pfeil Attacken auf die Waffe und bei einer verbleibenden Restzeit von zwei Minuten stößt auch Silas wieder zur Gruppe. „Beeilt euch!“, schreit Ylan. „Wir haben es noch nicht geschafft.“ Mit aller Macht holen die Abenteurer noch ein letztes Mal alles aus sich heraus, was möglich ist, und als die Maschine sich aktiviert und die Aufladung beginnt, entlädt sich eine gewaltige Explosion. Silas wird gegen die Elite Jade-Rüstung von Isengora geschleudert und geht zu Boden. Grimma hebt ihn auf und schwebt mit ihm den Festungsweg herunter. Andere Weiße Mäntel, die zurück zur Festung kommen, stürmen an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten. Als sie sich am Fuß des Weges zur Festung an einigen Büschen ankommen und sie sich verstecken können, legt Grimma Silas ab und Ylan untersucht ihn kurz. „Alles ist gut, er wird gleich wieder zu sich kommen.“ Da holt Grimma da Ei hervor. Sie richtet stumm einige Worte an die Göttin: Lyssa, die Arbeit ist getan. Bitte nehme die Verwandlung von uns. Das Ei leuchtet kurz auf und Ylan bekommt wieder einen Schrecken, als die Rüstungen ohne Vorwarnung verschwinden. „Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen. Aber egal, unsere Mission war erfolgreich. Das ist alles, was zählt.“ In diesem Augenblick kommt auch Silas wieder zu Bewusstsein: „Verdammt! Warum trifft es immer mich?“ Isengora und Grimma grinsen. „Schau“, meint Isengora, „wenn Du früher mehr gegessen hättest, wärest Du jetzt groß und stark, so wie ich und Grimma.“ Jetzt ergreift Grimma das Wort und erzählt weiter: „Oder, wenn Du statt bloß auf zwei Füßen zusätzlich noch auf zwei Händen liefest, dann wäre das nie passiert.“ Die beiden schütten sich vor Lachen, während Silas hinter ihrem Rücken seinen Stab hebt und einmal auf Grimma zeigt und dann einmal in Richtung Isengora deutet. Da meint Grimma plötzlich: „Was riecht denn hier so verbrannt?“ – „Dein Schweif brennt!“, ruft Isengora. „Und Deine Haare kokeln auch!“, ruft Grimma. Da lacht Silas und löscht die Feuer mit einem Eisregen, was zu einem ziemlichen Chaos führt, da die beiden von eisigem Wasser übergossen werden und vor Schreck laut aufschreien. Dann hebt Silas belehrend den Finger und meint: „Wnd wenn Ihr früher besser aufgepasst hättet in der Schule, dann wüsstet ihr, dass man niemals einen Elementarmagier ärgern sollte.“

Die drei fangen an zu lachen und Ylan, die immer noch dabei steht, schaut sie nur verständnislos an. „Es ist Zeit, sich zu verabschieden, Ylan. Danke für Euer Vertrauen und Eure Hilfe. Wir waren erfolgreich und haben Götterfels vor einer Waffe gerettet, die schlimmer kaum sein könnte.“ – „Auch ich danke Euch.“ Mit diesen Worten verschwindet Ylan vor ihren Augen und die drei Freunde teleportieren sich zur Wegmarke Salma. Nach diesen aufregenden Tagen wollen sie Priester Hazadim und Priesterin Kutay wiedersehen und Silas möchte bei Kaia vorbeischauen.